1561: Passionszyklus und Neuausstattung

Die letzte umfassende Änderung ihrer Ausstattung erfuhr die Mauritiusrotunde im 16. Jahrhundert. Historisch wie religionsgeschichtlich befinden wir uns nun in einem völlig neuen Kontext: Konstanz war 1526 protestantisch geworden, bis die Stadt 1548 unter österreichischer Vorherrschaft wieder zwangsweise rekatholisiert wurde. Bischof und Domkapitel kehrten 1551 aus ihrem Exil zurück und ... mehr anzeigenDie letzte umfassende Änderung ihrer Ausstattung erfuhr die Mauritiusrotunde im 16. Jahrhundert. Historisch wie religionsgeschichtlich befinden wir uns nun in einem völlig neuen Kontext: Konstanz war 1526 protestantisch geworden, bis die Stadt 1548 unter österreichischer Vorherrschaft wieder zwangsweise rekatholisiert wurde. Bischof und Domkapitel kehrten 1551 aus ihrem Exil zurück und ließen bald die durch den Bildersturm leergeräumte Kathedrale neu ausstatten.

Auch die Rotunde war nach dieser langen Zeit der Reformation renovierungsbedürftig. Ihrer Restaurierung nahm sich ein in Konstanz einflussreicher und kunstverständiger Domherr an: Der aus Thann im Elsaß stammende Jakob Kurtz, Doktor des Zivil- und Kirchenrechts. Noch als Anwärter für das Domkapitel stiftete er 1552 einen neuen Holzsarg für das Heilige Grab, in dem wieder die geweihte Hostie über die Kar-Tage aufbewahrt werden konnte.

1560 ließ Kurtz den Kirchenraum auf seine Kosten erneuern und im Stil der Renaissance ausmalen. Die Wände wurden weiß getüncht und mit einem umlaufenden Fries mit nicht nur christlicher Ornamentik bemalt. Dieser bekrönte einen laut Inschrift 1561 entstandenen Passionszyklus, der umso didaktischer auf zentrale Glaubensinhalte abhebt. Der Zyklus bestand aus dreizehn Tafelbildern, von denen heute nur noch neun erhalten sind. Auch das Gewölbe der Rotunde und die Gewölbezwickel wurden ausgemalt, das Heilige Grab und die Farbverglasung sorgfältig instandgesetzt. Diese umfassende Erneuerung wirft ein neues Licht auf den Stifter selbst und erlaubt einen Blick auf die Ausstattung der Rundkirche in der Zeit der Katholischen Reform und Konfessionalisierung. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 4 - Bildquelle: Katrina Weißer

    Der von Jakob Kurtz 1552 gestiftete Holzsarg steht heute noch im gotischen Grabbau. Er trägt an seinen Ecken vier Kerzenständer und auf seinem Deckel beidseitig zwei Medaillons umgeben von je zwei Grabwächtern. Auf der einen Seite zeigt das Medaillon die Madonna mit dem Kind über dem Wappen des Domkapitels. Auf der anderen Seite, wie im Bild zu sehen, enthält das Medaillon das Wappen von Jakob Kurtz mit den drei Gänsefüßen und darüber eine Helmzier. Auf einer Schmalseite des Sarges sind die Jahreszahl 1552 und das Monogramm des Holzschnitzers AA angebracht.

  • Abb. 2 von 4 - Bildquelle: Katrina Weißer

    Drei Gemälde (alle ca. 1,26 x 1,88 m, Tempera auf Holz) des Passionszyklus von 1561 an der westlichen Wand der Rotunde. Zu sehen sind der Beginn des Zyklus mit dem Abendmahl, dem Gebet Christi am Ölberg und der Anklage vor den Hohepriestern Hannas und Kaiphas. Über dem Zyklus ist der Renaissance-Fries in Beschlagwerk-Ornamentik angebracht, der mit Tier- und Menschenköpfen, gehörnten Wesen und einem Totenschädel verziert ist. Die Sockelmalerei mit Säulen und Kapitellen, welche die Bildtafeln nach unten rahmt, gehört ebenfalls zur Ausmalung dieser Zeit.

  • Abb. 3 von 4 - Bildquelle: Katrina Weißer

    Naturalistische Malereien mit Menschen- und Tiermotiven sowie Putti an vier der sechzehn Gewölbezwickel (von links nach rechts): Ein Fuchs mit seiner Beute und das Jahr der Ausmalung 1560, Jakob Kurtz‘ Wappenschild mit den drei Gänsefüßen und darüber ein Helm, ein Reiter auf einem Pferd und ein Affe mit Kette um den Hals und einer Frucht in der Hand.

  • Abb. 4 von 4 - Bildquelle: Katrina Weißer

    Restaurierungsinschrift von Jakob Kurtz über dem weißen Stein am Heiligen Grab: INSTAURAVIT IACOBO CURTIUS V.I.D. ECCLESIAE H’ CAN’ ANO 1560