Vier Jahre Theaterglück

Ich war Teil eines Theaters, das vor kreativer Lust zu explodieren drohte, und alle, die da verantwortlich waren, fühlten sich ausschließlich dem Theatermachen verpflichtet; man selber war mittendrin und trug mit an dieser Verantwortung und wurde mit Respekt belohnt und mit Vertrauen. Die Frage „Wo ist denn Konstanz?“ stellte sich längst nicht mehr. Konstanz war der Nabel meiner Theaterwelt geworden; Ausflüge nach Zürich bestätigten die selbstbewusste Gewissheit, dass der Geist, der unsere Arbeit durchwehte, ein besonderer sei. Das Theater war längst in die Stadt gewuchert – Fabriken, Badepavillons, Lokschuppen. Friedliche Übernahmen noch und noch, die Phantasie erhielt Flügel. Am gegenüberliegenden Ufer des Sees eine Bootslagerhalle, im Sommer naturgemäß leerstehend. Da musste Leben hin – unser Begriff von Leben war Theater.

– Helmut Mooshammer, Schauspieler, 1987 – 1991 in Konstanz.

Und der Vorhang geht auf! Das Theater in Konstanz ist mit ein paar kleinen Lücken, die am längsten bespielte Bühne Deutschlands. Seit über 400 Jahren wird hier Kreativität, Kunst und Leidenschaft ausgeübt. 1607 wurde der Grundstein für die Schule des Konstanzer Jesuitenkollegs gelegt und somit der erste Schritt in Richtung Konstanzer Theater getan. Der Jesuitenorden, zuerst nur auf religiös-missionarischer Mission, nahm sich der säkularen Bildungsarbeit an und gründete bald darauf eine Schule. Die Theateraufführungen dienten hier als Übung und Lernmethode für den Lateinunterricht und wurden in der Aula aufgeführt. Dementsprechend wurden alle aufgeführten Stücke, die meist von Heiligen oder Märtyrern handelten, bis zur Auflösung des Ordens 1773 in Latein verfasst. (Zum zeitlichen Vergleich: Goethes „Leiden des jungen Werther“ erschien bereits das Jahr darauf.)

Nach der Auflösung des Ordens erwarben 1788 zwei Konstanzer Bürger das Haus und bauten es zu einem Theatersaal um. Dieser wurde bis 1852 an unterschiedliche, wandernde Theatergruppen vermietet und/oder verpachtet. Ab dann änderte sich nur der Besitzer der Bühne, denn die Stadt kaufte das Gebäude auf, setzte aber den Pachtbetrieb bis 1952 fort.

Eine Zeit der Krise tat sich für das Theater Konstanz in der NS-Zeit auf. Ab der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 galt die Stadt Konstanz, aufgrund ihrer Lage, als wertvolle Grenzstadt und „Visitenkarte“ des neuen deutschen Reiches. Da jedoch bei keiner kommunalen Wahl die NSDAP die Mehrheit erreichte, musste eine rasche Propagandierung her. Es wurde beschlossen das alte Theater umzubauen und zu neuem Glanz zu verhelfen. Somit kam es zu einer kurzen Schließung bis zur Neueröffnung am 20. Oktober 1934. Von nun an sollte ein Dreispartentheater entstehen, dass durch Oper/Operette, Ballett und Schauspiel/Komödie das deutsche Kulturgut über die Grenzen hinaus vermittelt. 1941 stand allerdings die nächste Hürde für das Theater an. Der Krieg hatte begonnen und immer mehr Männer und somit auch Schauspieler wurden in die Wehrmacht eingezogen und an die Front geschickt. Dadurch stand die Konstanzer Bühne kriegsbedingt kurz vor der Schließung. Allerdings sollte aufgrund der Nähe zur Schweiz und der Rolle als Grenztheater weitergespielt werden und so mussten wenige Schauspieler in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen.

Ab den 70ern macht sich auch in Konstanz die Aufbruchsstimmung breit und das Theater erlebte einen neuen Aufschwung in der künstlerischen Freiheit und der politischen Erziehungsfunktion. Stücke wie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ oder „Stützen der Gesellschaft“ wurden aufgeführt und für eine kurze Weile spielte man sogar im Audimax der Universität.

In den 80ern nimmt das Theater Konstanz die Form an, wie wir sie heute kennen. Kinder- und Jugendspiele werden über die Jahre in das Programm aufgenommen und bilden nun einen festen Bestandteil. Das Theater Konstanz ist in der Gegenwart angelangt und hat seit seiner Gründung als Jesuitentheater über Wandertruppen bis hin zu der Übergangsform des 20. Jahrhunderts einen turbulenten Wandel hinter sich.

Aktuelles Programm: https://webshop.jetticket.net/theaterkonstanz/Events

Quelle: Nix, Christoph/Bruder, David/Leipold, Brigitte: Hier wird gespielt! 400 Jahre Theater Konstanz. (2007)

Fotos: Sara Rohde