Hochschulgruppe Uni Konstanz

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Die Konstanzer Schwurhand – Wenn Gesten Geschichte schreiben

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Allgemein, Deutsch, Konstanz entdecken, Kunst & Architektur

Die Schwurhand von Franz Gutmann mit Blick auf die Untere Laube. Foto: Linn Petrat

Die Schwurhand von Franz Gutmann mit Blick auf die Untere Laube. Foto: Linn Petrat

Daumen hoch, Kleiner-Finger-Schwur, ein Herz formen, oder der emporgereckte Finger als Zeichen einer unflätigen Beleidigung: Unsere Hände dienen uns Menschen schon seit Ewigkeiten als Ausdrucks- und Kommunikationsmittel. Manche Gesten sind universell lesbar, manche unterscheiden sich je nach Region, und manche verändern sich auch über die Zeit. So wird das Herz inzwischen nicht mehr aus Daumen und Zeigefinger, sondern aus Zeige- und Mittelfinger geformt. Doch die universelle Aussagekraft und Kommunikationsfähigkeit der Hand bleibt weltweit und zeitübergreifend bestehen.

Haben Sie jemandem schon einmal etwas versprochen? Meist dient hier das Ineinanderhaken der kleinen Finger als Zeichen, dass man es mit seinem Versprechen auch wirklich ernst meint. Vor einigen hunderten Jahren hätten wir hierfür vermutlich eher den Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger in die Höhe gehalten. Die Schwurhand ist im Mittelalter europaweit verbreitet und gilt als Eidesbekenntnis, abgelegt unter Gottes Augen. Eine Geste, die jedoch nicht leichtfertig verwendet werden sollte – denn wer seinen Eid brach, wurde auf drastische Weise bestraft. Das Brechen des Eides konnte einem die Hand kosten.

Der mittelalterliche Schwur findet in der Konstanzer Altstadt eine ganz besondere bildliche Form: Bereits im Jahr 1975 wurde die Schwurhand von Franz Gutmann (1928-2024), von dem auch der Münsterbrunnen stammt, geschaffen. Seit 1990 steht die Bronzekulptur in der Torgasse. Drei voluminöse Finger drücken sich hier aus dem Boden heraus, der Rest der Hand bleibt im Boden verborgen. Die schmale Gasse wird von dem Kunstwerk, das eine Fläche von 119 mal 142 Centimetern beansprucht, fast ganz eingenommen und wird für Einwohner*innen und Tourist*innen zum Nadelöhr. Doch wieso steht die Bronzeskulptur genau an diesem Engpass? Es handelt sich dabei natürlich nicht um einen Zufall. Denn die Schwurhand befindet sich in unmittelbarer Umgebung der Konstanzer Vertreter von Recht und Gesetz: Wenige Schritte entfernt residiert die Konstanzer Staatsanwaltschaft im alten Lanzenhof und in der Unteren Laube, und in der Altstadt und dem Paradies befinden sich ebenfalls in fußläufiger Entfernung das Landgericht, das Amtsgericht, sowie das Familien- und Sozialgericht. Also Orte, an denen das Leisten eines Eides keine Seltenheit und die Wahrheit Grundlage einer fairen Rechtsprechung ist.

Die Schwurhand schlägt eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, und zeigt dabei auf, was überdauert: Das menschliche Bedürfnis, unsere Worte und deren Aussagekraft mit Gesten zu unterstützen. Sie lässt uns nicht nur durch ihr Versperren des direkten Weges innehalten, sondern regt auch zum Nachdenken und Philosophieren an. Können wir nur einen Teil der Wahrheit erkennen, so wie wir nur einen Teil der Skulptur sehen können? Wer sich an der Schwurhand vorbeischlängelt, wird mit der Frage nach unserer Ernsthaftigkeit konfrontiert: Was ist ein Versprechen eigentlich wert?

Unser Tipp: Wer sich schon immer gefragt hat, was die Schwurhand eigentlich so über sich selbst sagen würde, kann dies mit Text und Wort von Marvin Suckut nachhören. Der Poetry-Slammer leiht der Schwurhand im Rahmen des Projektes KUNSTSTÜCKE seine Stimme:  KunstStücke | Schwurhand

Zeitreise: Konstanzer Fastnacht

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Allgemein, Zeitreise

In dieser Rubrik steht die geschichtliche Aufarbeitung von Konstanz im Fokus. Hierbei wird das Augenmerk auf die Kultur, Tradition und individuelle Erfahrungen gerichtet. Ob persönliche Geschichten oder die Untersuchung der Entstehung von Bräuchen, eine Reise in fremde Gefühlswelten oder in eine andere Zeit. Es wird von allem etwas geben. Denn das Ziel ist es, Konstanz besser zu kennen und zu verstehen, sodass ein Bezug zur heutigen Zeit hergestellt wird und die Stadt nicht nur erlebt, sondern auch gefühlt werden kann.

 

Fastnacht, Fasnet, Karneval oder Fasching..

Am 11.11 um 11:11 Uhr findet jedes Jahr der Ausruf und Beginn der fünften Jahreszeit statt. Ab dem 06.01 beginnt das Narrentreiben dann so richtig.

In Konstanz wird jedes Jahr die schwäbisch-alemannische Fastnacht gefeiert.

Die Tradition der Fastnacht entstammt ursprünglich aus einem heidnischen Volksfest, bei dem die Geister des Winters vertrieben wurden und der Übergang zum Frühling gefeiert wurde.

Doch schon im Mittelalter wurde in Konstanz die Fastnacht, als ein Fest vor Beginn der Fastenzeit gefeiert. Die Fastenzeit geht 40 Tage lang bis Ostern und zuvor wurden alle Lebensmittel gegessen, die nach dem Winter übrig waren, um deren Verderben zu verhindern.

Im 13. Jahrhundert entstand erstmals der Begriff ¨Schmotziger Dunschtig¨. Dies lässt sich auf die in Schmalz ausgebackenen Fastnachtsküchle zurückführen, denn der fettige Schmalz wurde als ¨Schmotz¨ bezeichnet.

Ab dem 14. Jahrhundert wurden die Festlichkeiten durch Spiele und Umzüge ergänzt.

Bis zu dem 15. Jahrhundert war es nicht üblich sich zu verkleiden. Doch dann gab es einen Wendepunkt in der Fastnachtsgeschichte. Denn mehrere Bischöfe waren der Meinung, dass Fastnacht nichts mit Gott zu tun habe, und die Teilnehmenden gottlos und närrisch seien. Daraufhin begannen die Leute sich zu verkleiden, um unerkannt an den Festen teilhaben zu können. Hierbei waren verschiedene Tiere (Bär, Schwein, Bock oder Storch) ein beliebtes Kostüm, da manche Tiere für bestimmte Sünden standen. Manche nahmen die Kirche wortwörtlich und verkleideten sich als Teufel.

Im 16. Jahrhundert fand eine Reformation der Kirche statt und die Protestanten sprachen sich gegen eine Fastenzeit aus. Dementsprechend fiel der Anlass für die Fastnacht weg, sodass die Festlichkeiten in den Hintergrund verschwanden. (Heute wird noch dort gefeiert, wo die Bevölkerung größtenteils katholisch ist.)

Ab dem 17. Jahrhundert feierten Adelige prunkvolle und extravagante Feste, bei denen kunstvolle Masken und Kostüme getragen wurden. Daraufhin wurden im 19. Jahrhundert diese Festlichkeiten in dem Westen von Deutschland übernommen und als Karneval in Form von Maskenbällen gefeiert.

1879 fand in Konstanz der erste Hemdglonkerumzug statt, eine Tradition die bis heute erhalten blieb. Am Abend des Schmotzigen Dunschtigs findet der Umzug jährlich statt. Die Teilnehmenden sind in weißen Nachthemden und weißen Schlafmützen gekleidet.
Zudem nehmen Schüler*innen von verschiedenen Schulen teil und tragen bemalte und beschriebene Transparente mit sich. Ziel dabei ist es auf humoristische Art mit den Lehrer*innen abzurechnen. Hinter den Schüler*innen laufen mehrere hundert Teilnehmende mit und machen ordentlich Lärm.

(Ansichtskarten aus Privatbesitz)


-Warum die Nachthemden? Es gab eine Zeit, in der wurde den Schüler*innen untersagt, an der Fastnacht teilzunehmen. Jedoch haben sie dies nicht auf sich sitzen lassen und sind in ihrer Nachtwäsche aus dem Haus geschlichen, um mitzufeiern.

An der Universität Konstanz wird seit mehr als 50 Jahren Fastnacht gefeiert. Am Schmotzigen Dunschtig wird die Uni von Narren besucht, hier steht Feierlaune und Musik im Vordergrund. Bunte und kreative Kostüme, sowie gute Laune sind erwünscht.

2025 beginnt die Fastnacht am 27. Februar und geht bis zum 05. März.

Falls ihr mehr wissen wollt über die diesjährigen Festlichkeiten in Konstanz, schaut gerne bei der Konstanzer Info Website vorbei.

Fun fact 1: Fastnacht bedeutet die Zeit vor Anbruch der Fastenzeit.

Fun fact 2: Karneval kommt von dem Wort carnevale und bedeutet so viel wie „Fleisch lebe wohl“ da in der Fastenzeit auf tierische Produkte verzichtet wurde.

Fun fact 3: Ho Narro“ ist ein typischer Narrenruf aus Konstanz.

 

Quelle: Weber, Markus: „Kleine Fastnachtsfibel -Gemeinschaft maskentragender Zünfte und Vereine e.V“. (2007)