Unser Allgemeinwissen wird jeden Tag auf die Probe gestellt. Das einzig Fatale am Abrufen unseres Wissens ist der permanente, nahezu uneingeschränkter Zugriff zu digitalen Suchmaschinen. Sei es eine schnelle Rückfrage an Dr. Google, oder die Unterhaltung mit einem AI gesteuerten Chat. Wir vernachlässigen die Bereitschaft uns Wissen anzueignen, unser Wissen zu speichern und es wieder abzurufen, da wir bei jeder kleinen Frage, oder Unwissenheit immer die Möglichkeit haben, über unsere Mobiltelefone, die fast schon mit unseren Händen verwachsen sind, unseren Fragen auf den Grund zu gehen.
Hoffentlich ist euch schon bekannt, dass unsere Hochschulgruppe dabei ist, eine Kunstausstellung zu organisieren. Wir hatten die Idee, diese Ausstellung mit einer Vernissage zu eröffnen.
Was genau ist eigentlich eine Vernissage?
Ein Begriff den jeder schon mal gehört hat und vermutlich auch mit Kunst in Verbindung bringt. Kennt auch jeder seinen Ursprung und seine wahre Bedeutung? Um unser Allgemeinwissen und natürlich das unserer Leser:innen auszubauen, oder eine verblasste Erinnerung aufzufrischen, werden wir das Wort gemeinsam durchleuchten.
Beginnen wir mit der Suchmaschine des letzten Jahrhunderts, bevor die Digitalisierung stattfand, und die Recherche nach einer Antwort Zeit beansprucht hat. In der Enzyklopädie Brockhaus, genauer gesagt im Band 23, ist auf der Seite 247, ein kleiner Abschnitt dem Wort Vernissage gewidmet. Genauso wie im deutschen Brockhaus Wörterbuch eine etwas ausführlichere Begriffserklärung zu finden ist. Vernissage […’sa:ge], die; -, -n, stammt von dem französischen Wort ‚vernissage‘ ab, was so viel wie zu: vernir, etwas lackieren, firnissen, oder auch Lack bzw. Firnis, oder Firnistag bedeutet. In der Bildungssprache steht der Begriff für die „Eröffnung einer Ausstellung, bei der die Werke eines lebenden Künstlers [in kleinerem Rahmen mit geladenen Gästen] vorgestellt werden […]“. Der Firnis (frz.: vernis) auf den das Wort Vernissage zurückzuführen ist, bezeichnet einen Lack, ein schnell trocknendes, farbloses Öl, der als Schutzschicht nach Vollendung eines Gemäldes auf die Farbschicht aufgetragen wurde, um das Kunstwerk bzw. die Ölfarben vor dem Verblassen und anderen Umwelteinflüssen zu schützen. Der Firnis war der letzte Feinschliff der das Gemälde vollendete und eine Art Konservierungsversuch darstellte. Das Firnissen ist kein Brauch der noch zelebriert wird, im Gegensatz zu dem Event einer Vernissage.
Gibt man den Begriff Vernissage bei Google ein, erhält man in der ‚AI Overview‘ eine Begriffserklärung, eine kurze Geschichte zu dem Wort und eine Erläuterung zur heutigen Bedeutung. „Eine Vernissage ist die feierliche Eröffnung einer Kunstausstellung, die oft in kleinem Kreis vor der offiziellen Eröffnung stattfindet. Der Begriff stammt aus dem französischen, wo er ursprünglich das Auftragen eines Firnis auf ein Gemälde beschrieb.“ Diese Definition ist etwas ausführlicher als die Brockhaus Auflistung. Allerdings erfahren wir zusätzlich den Zeitpunkt des Firnistages. Künstler:innen haben ihre Ölgemälde am Vortag vor der offiziellen Eröffnung der Kunstausstellung mit einer Schicht Firnis überzogen, um die Farbe zu schützen und zu fixieren. Also ein intimes Ereignis zwischen Künstler:innen und dem Kunstwerk, genau wie eine Vernissage ein persönliches Ereignis in kleinem Kreis mit den Künstler:innen und deren Kunst ist. Eine Vernissage ist eine Vorschau, praktisch der Trailer für ein ausgewähltes Publikum, die Reden der Kurator:innen, der Laudator:innen oder der Künstler:innen beinhaltet. Die Besucher haben die Möglichkeit mit den Künstler:innen, über ihre Kunst in einen Dialog zu treten. Das Pendant zur Vernissage, ist die Finissage (frz.: finissage, zu: finir = (be)enden)) die Beendigung einer Kunstausstellung.
Scrollen wir nun weiter die Seite hinunter, stoßen wir auf den Wikipedia Eintrag, der sich von der AI Definition nur durch ein paar Formulierung unterscheidet. Allerdings beinhaltet er ein relevante historische Entwicklung des Begriffs. Das der Firnis zur Endgültigen Fertigstellung eines Gemäldes zählt, haben wir bereits gelernt: Das Firnissen übernahm entweder der Künstler selbst, oder ein Lehrling. Dieser Brauch, der der förmlichen Ausstellungseröffnung voranging wurde im Laufe der Zeit mit einer kleinen Feier im Kreise von Freunden und, oder Auftraggebern gewürdigt. Heutzutage entspricht die Vernissage der Ausstellungseröffnung. Diese wird aber immer noch einer selektierten Auswahl an Personen, wie Kunsthändlern, Politikern, Investoren und der Presse vorbehalten. Also ein gesellschaftliches Ereignis, das oft mit Reden, Musik, Getränken und einer lockeren Atmosphäre verbunden ist, behauptet zumindest ChatGPT.
Nach diesen ähnlichen Erläuterungen die sich, wie wir finde wunderbar ergänzen, hoffen wir, dass ihr genauso viel Lust bekommen habt wie wir auf unsere anstehende Vernissage und die darauf folgende Ausstellung. Wir werden bei unserer Vernissage keine Zeugen des Auftragen von Firnis sein, aber das Publikum von neuer Kunst und neuen Künstler:innen, die in ihren Gemälden und Fotografien Ausdruck suchten und diese präsentieren wollen.