Universitätskapelle mit Oberriedaltar von Hans Holbein d. J. (ab 1507, 1525/6)

Am 17. Oktober 1554 fand in der Universitätskapelle ein besonderer Akt statt. Der Konstanzer Weihbischof Jakob Eliner war angereist um die neu gestifteten Bildtafeln des Altars zu weihen. Die zwei Tafeln haben eine bewegte Geschichte und zählen zu den künstlerisch wertvollsten Werken des Münsters. Auffällig ist die ungewöhnliche Form der Bilder. Es handelt sich eigentlich um ... mehr anzeigenAm 17. Oktober 1554 fand in der Universitätskapelle ein besonderer Akt statt. Der Konstanzer Weihbischof Jakob Eliner war angereist um die neu gestifteten Bildtafeln des Altars zu weihen. Die zwei Tafeln haben eine bewegte Geschichte und zählen zu den künstlerisch wertvollsten Werken des Münsters. Auffällig ist die ungewöhnliche Form der Bilder. Es handelt sich eigentlich um Altarflügelbilder für eine Kapelle des Baseler Ratsherrn Hans Oberried. Ausgeführt wurden sie von Hans Holbein d. Jüngerem, der später Bekanntheit als Hofmaler von Heinrich VIII. erlangen sollte. Was mit dem Mittelteil geschehen ist, ist unbekannt. 1529 kam es im Zuge der Reformation zum Baseler Bildersturm. Die Oberschicht floh, viele kamen ins sichere, katholische Freiburg. So auch Familie Oberried, die dabei die Altarflügel rettete. Für die Universitätskapelle erhielten sie neue Einfassungen, zwei klappbare Doppelflügel und wurden so zum Mittelbild. Links ist die nächtliche „Geburt Christi“ zu sehen, rechts „Die Anbetung der Könige“. Beide Bilder eint die Botschaft von Jesus als Licht im Dunkel. Vor diesen biblischen Szenen kniet verkleinert die Stifterfamilie. Auf dem Zwickel zwischen den Gemälden befindet sich ein geschnitztes Relief des heiligen Hieronymus, sowie die Wappen Österreichs und Freiburgs. Die Doppelflügel zeigen, passend zum Auftraggeber Universität, die vier Kirchenlehrer Hieronymus, Gregor, Ambrosius, Augustinus und über ihnen die vier Evangelisten in symbolischer Darstellung. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe

    Mitteltafeln von Hans Holbein dem Jüngeren, Malerei auf Holz. Datierung um 1525-1526. Größe je Mitteltafel ca. 230 x 109 cm. Auftraggeber war Hans Oberried, später Stiftung der Tafeln an die Universität Freiburg durch Erben der Familie Oberried. Der Künstler der Altarflügel ist unbekannt. (289)

  • Abb. 2 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Das Kind, umgeben von Ochs, Esel und Putten strahlt heller als das Feuer und erleuchtet so alle, die seine Wiege umringen. Der direkte Blick zum Betrachter bezieht auch diesen in die Runde mit ein. Interessant ist die Ähnlichkeit der Jesusdarstellung zum früher entstandenen Hochaltar. Ungewöhnlich ist auch die Figur des Josef, er wirkt jünger und aktiver als in üblichen Darstellungen dieser Szene.

  • Abb. 3 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Maria, in Licht gehüllt und ein byzantinisches Gewand tragend, wird eine andere Frauenfigur gegenübergestellt. Auf der Säule neben ihr befindet sich weit oben im Schatten, eine leicht bekleidete weibliche Skulptur. Bei dieser düsteren Gestalt handelt es sich vermutlich um Eva, deren Ur-Sünde Maria durch ihre Unschuld und Frömmigkeit wiedergutmacht. (360)

  • Abb. 4 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Die Verkündigung der Geburt an die Hirten wird zugleich im Hintergrund, wie auch im Vordergrund des Bildes erzählt. Verkündet weit im Hintergrund ein leuchtender Engel die Botschaft, so betritt vorne links bereits ein abenteuerlich gekleideter Hirte mit Dudelsack die Szene.
    Der Erlöser kommt auch zu den Armen, die offen für seine Botschaft sind.

  • Abb. 5 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Der Ort des Geschehens ist auffällig. Es handelt sich nicht um einen Stall, wie er in den meisten Darstellungen gezeigt und in der biblischen Erzählung beschrieben wird. Stattdessen sind die Figuren umgeben von halb verfallenen, einst prachtvollen, antik anmutenden Ruinen. Sie könnten für die Unfähigkeit der Reichen und Mächtigen zu Zeiten der Geburt Christi stehen, Gottes Botschaft zu vernehmen – und somit auch als Mahnung für die Zeitgenossen des unruhigen 16. Jahrhunderts gedacht sein.

  • Abb. 6 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Maria und Jesus sind zentral in der diesmal jedoch taghellen, vom Morgenstern überstrahlten Szene. Drei fremde Könige zollen dem Jesuskind Tribut. Sie erkennen, gleich wie die Machtlosen im Bild der Geburt, den Erlöser der Welt. Dieser wendet sich auch hier direkt dem Betrachter zu und zwingt ihn, seine eigene Position zu reflektieren. (344)

  • Abb. 7 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Im Mittelgrund ist eine auffällige Figur zu sehen. Ein junger Mann in schwarz blickt nicht wie zu erwarten zum Hauptgeschehen, sondern wendet sich nach rechts oben ab. Folgt man seiner Blickrichtung, sieht der Betrachter eine Elster auf dem Dach. Elstern stehen häufig für Eitelkeit und Falschheit. Als „Teufelsvogel“ wird die Elster zum Hinweis, dass das Böse überall lauert und sich der Unachtsame allzu schnell vom wirklich Wichtigen ablenken lässt.

  • Abb. 8 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe (Ausschnitt)

    Der Ort der Szene ist auch in diesem Bild ungewöhnlich. Auch hier handelt es sich um Ruinen, diese wirken jedoch eher ‚mittelalterlich’. Weit im Hintergrund ist eine Armee berittener und bewaffneter Soldaten zu erkennen. Dies ist ein Verweis auf die Situation des 16. Jahrhunderts, die mit ihren Kriegen, Umbrüchen und Religionskonflikten den Zeitgenossen der Zeit zu Christi Geburt zu ähneln schien. Jesus erscheint dabei als ein Erlöser für jene, die offen für seine Botschaft sind.

  • Abb. 10 von 9 - Bildquelle: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg i.Br., Bildarchiv, Aufnahme Christoph Hoppe

    Die vier Kirchenlehrer Hieronymus, Gregor, Ambrosius und Augustinus sollen als Vorbilder für die Lehre und das Lernen an der Universität gesehen werden. Sie ergänzen die universelle Botschaft von Christus als Erlöser mit der Aufforderung nach Wissen und Verständnis zu streben. Bei geöffnetem Altar sind nur Hieronymus und Gregor für Besucher sichtbar.