Parzival und zwei Lanzenreiter (173, 18ff.) / Gurnemanz heißt Parzival willkommen (162, 25ff.)
Die folgende Episode nimmt gut ein Viertel der Bildzeile ein, ihre Mitte ist allerdings nicht mehr vollständig erhalten. Zu sehen sind drei Reiter, die auf einen auf der Schwelle eines Gebäudes stehenden Mann in hellgrünem Gewand und schwarzen Schuhen zureiten. Er wendet sich den Ankömmlingen zu. Der Voranreitende ist nicht mehr zu erkennen. Dass es sich aber um ein gezäumtes Pferd samt ... mehr anzeigenDie folgende Episode nimmt gut ein Viertel der Bildzeile ein, ihre Mitte ist allerdings nicht mehr vollständig erhalten. Zu sehen sind drei Reiter, die auf einen auf der Schwelle eines Gebäudes stehenden Mann in hellgrünem Gewand und schwarzen Schuhen zureiten. Er wendet sich den Ankömmlingen zu. Der Voranreitende ist nicht mehr zu erkennen. Dass es sich aber um ein gezäumtes Pferd samt Reiter handeln muss, ist an den zwei Hinterhufen, der Spitze eines Vorderhufes und der erhaltenen Partie eines roten Helmschmuckes zu erahnen. Die beiden noch erhaltenen Reiter reiten mit angelegter Lanze, aber ohne Helm. Auch ihre Pferde, die in Andeutung von Bildtiefe überlappend dargestellt sind, präsentieren sich ritterlich gezäumt wie das Pferd des Roten Ritters in der Szene zuvor. Sie tragen gut erkennbare Wappenschilde, links: drei schwarze Widderhörner auf hellem Grund, rechts eine schwarze Hand in rotem Rüstungsärmel auf hellem Grund. Die Wappen weisen auf die Burg Tanne bei Ravensburg und das Geschlecht der Tann, auch wenn der genaue Bezug zu den Auftraggebern nicht geklärt werden konnte (Wunderlich).Ganz auf’s Geratewohl lässt Wolfram Parzival auf Ithers Ross davongaloppieren, kaum dass er es bestiegen hat. Da der unbedarfte Jüngling nicht weiß, wie man ein Pferd zügelt, trägt ihn das galoppierende Tier in voller Rüstung an einem Tag so weit wie ein erfahrener Ritter in bequemer Reisekleidung nicht an zwei Tagen reiten würde. Todmüde und wundgeritten erreicht Parzival am Abend eine Burg. Der vornehme Burgherr, Gurnemanz von Graharz, sitzt unter einer Linde vor der Burg und begrüßt den Ankömmling in aller Form. Parzival weiß nicht, wen er vor sich hat und "da bei dem Fürsten weder Ritter noch Knechte waren, erwiderte Parzival den Gruß ebenso einfältig wie unbekümmert: ‚Meine Mutter riet mir, den Rat eine Graukopfs anzunehmen?...‘" (Spiewok, 1. Band, S. 277f.). Auf ein Zeichen hin lässt der weise Burgherr einige Junker aus seiner Burg herbeieilen, um Parzival als seinen Gast hineinzugeleiten. Die unbehelmten "juncherren" (ein Zeichen für Friedfertigkeit) können also als sein Willkommengeleit in die Burg gedeutet werden. Der Turm mit der begrüßenden Figur unterstreicht die freundliche Aufnahme in der Burg. Unter dem Dachansatz sieht man einen rechteckigen Resonanzkörper mit Hammer, der als Zeichen des Einlasses zum Tönen gebracht werden kann.
Da Parzival im Roman auf seinem Ritt nach Graharz keine Begleitung hat, spricht einiges dafür, dass das Konstanzer Fresko auch in dieser Darstellung mehrere Romanszenen überblendet. Wenn man die Fragmente des rechten Reiters als den in voller Rüstung reitenden Roten Ritter deutet, kann dieser sowohl im Moment seiner Ankunft als auch beim später von Gurnemanz zu seiner Ausbildung angeordneten Turnier gesehen werden. Die unbehelmten (ein Zeichen für Friedfertigkeit) "juncherren" wären dann einmal sein Willkommengeleit in die Burg und ein anderes Mal seine Übungspartner während des Kampfunterrichts. Und der zunächst grüßend auf der Schwelle seiner Burg stehende Gurnemanz kann dann auf dem Fresko zugleich auch den Befehl zum praktischen Rittertraining für Parzival geben und dieses dann von den Zinnen seiner Burg aus überwachen. Pars pro toto wird diese von dem schmalen turmartigen Gebäude mit Mauerwerk, Ziegeldach und Rundbogentor repräsentiert. Die bildliche Darstellung reduziert die Eposhandlung hier also auf Grundschemata und -konstellationen, die zwar an Detailtreue verlieren, sich dafür aber für eine mehrfache Szenen-Ausdeutung öffnen. weniger anzeigen

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