Ebenfalls als Stationenlauf realisiert, veranschaulicht dieses Beispiel von Gralskitsch des 19. Jahrhunderts die theologische Dimension des Ritterepos – allein schon durch die zentrale Darstellung der Trinität – auf überdeutliche Art. Das religiöse Pathos dieser aquarellierten Zeichnung wirkt im Vergleich mit der reduzierten Vieldeutigkeit des Konstanzer Parzivals geradezu plump.
Eduard Ille, Parzival, Aquarellierte Zeichnung, 1869. 84 x 133 cm, Wittelsbacher Ausgleichsfond, München
Diese Seite aus dem Münchner Psalter illustriert gleich zwei christologische Bild-Topoi, die man – will man sie sehen – auch im Konstanzer Parzivalfresko als Anspielung findet.
Jesu Einzug in Jerusalem und Das letzte Abendmahl, Seite aus dem Münchner Psalter, Clm. 835, fol. 24v, Um 1200, Bayerische Staatsbibliothek, München
Auch der heilige Ildefons wird wie Parzival zum äußerlich sichtbaren Beweis seiner inneren Haltung und zum Zeichen seiner Erhöhung neu eingekleidet. Der Legende nach sogar von der Muttergottes selbst, deren Jungfräulichkeit er in Predigten verteidigt hatte.
Meister des hl. Ildefons, Ausschnitt aus Maria übergibt dem hl. Ildefons das Meßgewand, Tafelgemälde, Ende 15 Jh., 230 x 167 cm, Louvre, Paris
Auch einige Motive des Parzival-Wandgemäldes lassen sich kaum losgelöst von ihrer christlich ikonographischen Tradition betrachten. So spielt die Geburt des Parzival – besonders mit der entsprechenden Romanstelle im Hinterkopf, welche die Königin direkt mit der regina coeli vergleicht – auf die Geburt Christi und zugleich auf die Geburt Johannes’ des Täufers an (Saurma 2002, S. 308). Auch die Tischszenen konnten in den Augen eines mittelalterlichen Betrachters stets Verweise auf das letzte Abendmahl generieren.Wer das Parzival-Fresko systematisch nach Bezügen zur christologischen Ikonographie durchsucht, findet manche Anspielungen sogar in der richtigen Reihenfolge: Von Weihnachten (Parzivals Geburt) und dem Einzug in Jerusalem (das “pfärdelîn“) über das letzte Abendmahl (Tischszene) und der Pietà (Sigune) bis hin zum sehr wahrscheinlich ursprünglich abgebildeten, quasi-himmlischen Thron der Gralstafel.