Zerstörte Szenen: Parzival und Sigune (3. Buch, 138,9ff) / der Fischer (3. Buch, 142,13ff) / Parzival tötet Ither (3. Buch, 153,21ff)

Die Jeschuteszene ist in der ersten Zeile des Freskos das letzte eindeutig erkennbare Bildfeld. Weiter rechts ist durch den Türdurchbruch das Bildmaterial zerstört. Einige wenige Konturen lassen die weitere Handlung erahnen: Erkennbar ist ein Gesicht mit dem Ansatz einer Kappe, die analog zur Jeschuteszene ergänzt werden kann. Links davon sind einige waagrechte und senkrechte Linien zu ... mehr anzeigenDie Jeschuteszene ist in der ersten Zeile des Freskos das letzte eindeutig erkennbare Bildfeld. Weiter rechts ist durch den Türdurchbruch das Bildmaterial zerstört. Einige wenige Konturen lassen die weitere Handlung erahnen: Erkennbar ist ein Gesicht mit dem Ansatz einer Kappe, die analog zur Jeschuteszene ergänzt werden kann. Links davon sind einige waagrechte und senkrechte Linien zu sehen, die als gemalte Mauersteine zu einem Gebäude gehört haben mögen. Noch weiter links – zwischen Parzivals Pferd, das sich von Jeschutes Zelt entfernt und den beschriebenen Linien – kann eine weitere sitzende Figur erahnt werden. Der Rest der Wand bis zur rechten Ecke besteht nur noch aus grauem Putz.

Angesichts der Handlung in der zweiten Zeile des Freskos, die damit beginnt, dass Parzival mit Iwanets Hilfe die rote Rüstung Ithers anlegt, können Vermutungen über die verlorenen Szenen angestellt werden. Im Epos gibt es zwischen der Begegnung mit Jeschute und dem Anlegen der Rüstung drei Episoden, die für eine bildliche Darstellung in Frage kommen: Zunächst trifft Parzival nach dem Abschied von Jeschute seine Base Sigune, die ihren im Kampf gefallenen Mann Schionatulander beweint. Aufgrund seines Mitgefühls gibt sie sich als Verwandte zu erkennen und informiert ihn über seine wahre königliche Herkunft. Im Anschluss an diese Begegnung überzeugt er mit Jeschutes Brosche einen geizigen Fischer, ihn bei sich übernachten zu lassen und ihm den Weg zu Artus zu zeigen. Daran schließt sich als dritter Handlungsschritt der Kampf mit Ither an, in dessen Verlauf er diesen tötet und so die Rüstung erkämpft, die er später mit Iwanets Unterstützung anlegt.

Wunderlich (1996) vermutet im verlorenen Fresko die Begegnung mit Sigune und den Kampf gegen Ither. Auch Ächtler (2007) unterstützt diese Annahme, da das Anlegen der Rüstung in der zweiten Zeile nur mit dem vorangegangenen Kampf erklärt werden kann. Zusätzlich kommt für ihn aber auch die Begegnung mit dem Fischer in Frage.
Für die Siguneszene spricht die Tatsache, dass Parzivals Base auch in der dritten Zeile des Freskos wieder auftaucht, dieses Mal auf der Linde sitzend. Da sie es ist, die Parzival über seine Herkunft aufklärt und ihm damit wichtige Informationen zukommen lässt, besitzt die Szene eine sehr hohe Relevanz für den weiteren Verlauf der Geschichte. Die Andeutung einer sitzenden Figur, könnte durchaus die erhöht sitzende Sigune darstellen. Die horizontalen Linien würden sich auf den quer über ihren Schoß gelegten Schionatulander beziehen (vgl. Abb. 3 und 4). Rechts an der Wand bliebe auf alle Fälle noch genügend Platz für eine weitere Station bei der Annäherung an den Artushof und die Kampfszene gegen Ither. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 4 - Bildquelle: Franz-Josef Stiele-Werdermann, Konstanz

    Zerstörte Szenen

    >deiswâr du heizest Parzivâl.
    der name ist >Rehte enmitten durch<.
    grôz liebe ier solh herzen vurch
    mit dîner muoter triuwe:
    dîn vater liez ir riuwe.

    (140, 16-20)

    »Du heißt Parzival, und der Name bedeutet >Mittenhindurch<. Weil deine Mutter so treu war, pflügte nämlich die große Liebe eine Furche mitten durch ihr Herz, denn dein Vater ließ sie voll Herzeleid allein.«
    (Spiewok, Band 1, S. 241)

  • Abb. 2 von 4 - Bildquelle: Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 339, f. 104r, Wolfram , Parzival (Band 1) (Nutzung gemäß CC BY-SA 4.0)

    Parzival trifft Sigune mit ihrem toten Mann Schionatulander

  • Abb. 3 von 4 - Bildquelle: Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Mscr.Dresd.M.66, f. 96r, um 1443-1446, Wolfram von Eschenbach, Parzival, (Nutzung gemäß Public Domain Mark 1.0)

    Parzival trifft Sigune mit ihrem toten Mann Schionatulander

    Überschrift über fol. 96r (Klicken Sie auf das Bild für eine Gesamtansicht von Bild und Text): Also parcifal von siner muter reit und sigun ein doten ritter in dem huse fant

  • Abb. 4 von 4 - Bildquelle: Burgerbibliothek Bern, Cod. AA 91 (A), f. 28v, Berner Parzival-Handschrift digital (Nutzung gemäß CC BY-NC-SA 4.0)

    Parzival tötet Ither

    Überschrift über fol. 28v (Klicken Sie auf das Bild für eine Gesamtansicht von Bild und Text): Hie strit parzifal mit dem Rotten Ritter Vnd feltt Jn nid(er) zu tod vnd leit sine wappen an vnd sicz vff sin Ros also wunder vnd lett den harnach v́ber sin narren kleid