5. Medaillon: Die Weisheit auf dem Herrscherthron

Auf einem Thron sitzt eine weibliche Herrscherin frontal zum Betrachter. Die kreisförmige Rückenlehne ist radial mit Ornamenten geschmückt, die an eine kosmologische Sternensphäre erinnern. Die Herrscherin trägt ihr langes, blonden Locken offen. Ihr Kleid ist blau mit weißem Kragen, während der Mantel außen rot und innen gelb gefärbt ist. Vorn wird er von einer breiten Kette oder Kordel zusammengehalten. In der linken Hand hält sie ein Lilienzepter. Der rechte Arm ist leicht angewinkelt, Daumen, Zeige- und evtl. Mittelfinger sind abgespreizt, die Handinnenfläche ist dem Betrachter zugewandt. Im Komplementärkontrast zum blauen Hintergrund ist die Lehne des Throns orange gepolstert. Die Umschrift ist bis auf ein kleines Fragment SIBI nicht mehr zu entziffern, ebenso fehlt die Inschrift. Gerahmt ist das Medaillon links von einer eichenblattförmigen Pflanze, rechts von einem Zweig mit fünfzackigen Blättern.

Auf dem prächtig funkelnden Königssitz vor blauem Himmel thronend, strahlt die Königin der Tugenden eine Atmosphäre kosmologischer Herrschaftlichkeit aus. Mit ihrer segnenden Geste wendet sie sich direkt zum Betrachter, der das Haus an dieser Stelle betritt oder verlässt. Bei Prudentius ist die Weisheit Sapientia das ersehnte Ziel des Seelenkampfes, in der auch antike und christliche Tugendvorstellungen konvergieren. Im Haus zur Kunkel wirkt die thronende Figur wie eine schon leicht augenzwinkernde Wiederholung des alten Versprechens, aus dem Bildprogramm eine klare moralische Handlungsanweisung ziehen zu können.